Sonntag, 17. November 2013

Auf Sir Roderick Murchisons Spuren


Lasst mich nun von einem ganz besonders schönen Ereignis berichten, dem ich lange freudig entgegen gesehen habe: Eine dreitägige Reise in den Murchison Falls National Park. Am vergangenen Wochenende machten sich zwei meiner Mitbewohnerinnen und ich zusammen mit einer Gruppe zunächst unbekannter Menschen auf den fünfstündigen Weg. Als Fahrzeug diente interessanterweise das gleiche Toyota-Modell wie das der Myriaden von Taxibussen, die tagtäglich die Straßen Kampalas bis zum Bersten vollstopfen. Hier nur mit 10 statt der üblichen 14 Sitze, Allradantrieb, Schnorchel und einem aufklappbaren Dach, eben Safariausstattung. Die schnurrgerade Straße gen Norden war von bester Qualität. Sogar ein Mittelstreifen war vorhanden. Die Fahrt ging Richtung Masindi. Wie schon bei Jinja, handelt es sich bei Masindi um eine der größten Städte des Landes, aber man hat trotzdem das Gefühl in einem größeren Dorf oder einer Kleinstadt gelandet zu sein. Nach vier Stunden erreicht man die Einfahrt zum Nationalpark. Wir werden 90 weitere Minuten brauchen, bis wir das Basislager erreichen, was einem einen Eindruck von den Dimensionen des Parks gibt. Vor allem wenn man bedenkt, dass sich das Lager auf der Südseite des Nil befindet, der den Park von Ost nach West durchschneidet und ihn in zwei Hälften trennt, bevor er in den Lake Albert mündet. Interessant ist der landschaftliche Unterschiede zwischen Nord- und Südteil des Parks. Während der südliche Teil überwiegend von dichtem Wald bewachsen ist und das Gelände vom Ufer des Nil recht rasch ansteigt, handelt es sich beim nördlichen Teil um eine wunderschöne Steppenlandschaft, die sich vom Nil aus relativ flach Richtung Südsudan und Kongo erstreckt. Ich möchte gar nicht mehr Worte verschwenden und stattdessen nun Bilder sprechen lassen. Interessant also für all diejenigen, die sich ohnehin nur die Fotos reinziehen ;).

Rechterhand die Murchison Falls, linkerhand die Uhuru Falls die erst vor wenigen Jahren nach einem Hochwasser aktiv wurden. Beeindruckend sind sie beide.

Blick von den Murchison Falls nilabwärts. Der Wasserfall hat sich tief in den Glimmerschiefer eingearbeitet. Im Hintergrund sieht man die weitläufigen Überflutungsflächen des Nil, die den Nordteil des Nationalparks bilden.

Lucky shot: Diese Rothschild Giraffe war so nett nur wenige Meter neben unserem Bulli zu grasen.

Einen Löwen sieht man im Murchison NP nicht jeden Tag. Wir hatten also Glück.

Ugandan Kob


Abgesandte der Big Five: der African Buffalo / Afrikanischer Büffel

Kennt dank Disney jeder: Warthog / Warzenschwein / von blöden Touristen gerne auch "Pumba" genannt.



Wer würde erwarten, dass diese putzigen Kerle zu den gefährlichsten Tieren Afrikas zählen. Durch kein anderes wildes Tier sterben hier mehr Menschen. Der deutsche Name Nilpferd passt hier natürlich wie die Faust aufs Auge.

Elefanten gab es zu Hauf zu bestaunen. Und ja, es ist etwas anderes als sie im Zoo anzuschauen.

Der "Redthroated Bee Eater" beeindruckt durch sein prächtiges Federkleid.

Das Nil-Krokodil ist größer als seine amerikanischen Verwandten und zeigt auch bei geschlossenem Maul seine Zähne.



Damit die Tiere nicht schon durch anderen Touristen verschreckt werden, mussten wir früh aufstehen.


Auch das sieht man nicht alle Tage...



Der Fahrer dieses LKW hatte wohl geschlafen. Als wir an der Unfallstelle ankamen war das meiste zum Glück schon getan und wir mussten nur eine halbe Stunde warten.

 
Wie man sieht habe ich meine Kamera zum Glühen gebracht. Ich habe in 2 1/2 Tagen knapp 800 Fotos geschossen, von denen ich mittlerweile 3/4 aussortiert habe. Die Landschaft hat mich sehr beeindruckt. Erst als wir den Nationalpark verlassen hatten und das erste Dorf passierten wurde mir klar, was wohl den meisten Eindruck auf mich gemacht hat. Ich kann mich nicht erinnern wann ich zum letzten mal eine Landschaft gesehen habe, in der der Blick so weit reichte und in der ich trotzdem kein einziges Anzeichen menschlicher Aktivität entdecken konnte (von den Lehmstraßen einmal abgesehen). Das gilt allerdings nicht durchgehend. Mitten im Herzen des Parks musste ich einen Bohrturm erblicken. In den letzten Jahren wurden am Ostufer des Lake Albert, also auch auf dem Gebiet des Nationalsparks, größere Erdöl- und Erdgasvorkommen entdeckt. Die ersten Lizenzen zur Ausbeutung wurden bereits an Total und einen chinesischen Erdölkonzern vergeben und eine große Raffinerie sowie Pipelines sind in der Planung. So werden also auch große Teile dieser wunderschönen Landschaft durch  die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen nachhaltig zerstört oder zumindest für die wild lebenden Tiere unbewohnbar gemacht. Die Auswirkungen auf die Umwelt sind gar nicht auszumachen. Das Ganze könnte in irgendeiner Art und Weise noch damit gerechtfertigt werden, dass die ugandische Wirtschaft durch die Erdölförderung einen ungeahnten Aufschwung erleben wird (was sicherlich stimmt, aber nicht nachhaltig ist; hinzukommt das riesige Problem der Korruption im gesamten öffentlichen Sektor) und die ganze Bevölkerung, insbesondere die direkt Betroffenen davon profitieren würde. In der Vergangenheit haben jedoch viele unschöne Beispiele, am eindrücklichsten wohl das des Nigerdelta, gezeigt, dass die Ressourcen für die lokale Bevölkerung eher Fluch als Segen sind (Stichwort "Ressourcenfluch") und zu nachhaltiger Umweltverschmutzung und Verschlechterung der Lebensumstände führen. Zu guter Letzt ist es einfach eine unglaublich große Ungerechtigkeit, dass einige wenige sich an den nicht erneuerbaren Ressourcen eines Landes bereichern, die wenn überhaupt jemanden, dann doch wohl den Menschen gehören, die oben drauf sitzen und die man gemeinhin als Bevölkerung bezeichnet. Schritte in die (meiner Meinung nach richtige) Richtung einer Wiederverstaatlichung der Ressourcen ließen sich in den vergangenen Jahren in Südamerika beobachten. So hat zum Beispiel die argentinische Regierung seine Erdölproduktion zurück in staatliche Hände gegeben. Auch der jüngst verstorbene venezolanische Staatchef Hugo Chávez  und der indigene Präsident Boliviens Evo Morales haben ihre weitreichende Ausweitung der Sozialsysteme und Programme zur Armutsbekämpfung zu großen Teilen durch die Einnahmen aus dem Rohstoffsektor finanziert. Ob das nachhaltig ist sei dahingestellt. Zumindest besser als das ganze in die Tasche von korrupten Politikern und internationalen Konzernen zu pumpen.
Hui, wer hätte nach diesen schönen Bildern gedacht, dass der Eintrag in diese Richtung ausschlägt? Ich am allerwenigsten. Alle Anhänger des Neoliberalismus müssen nun damit klar kommen. Schwere Kost...

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