Dienstag, 14. Januar 2014

Die Fischer von Kome Island

In kurzen Sätzen und einigen Bildern möchte ich im Folgenden beschreiben, was sich vor wenigen Wochen zugetragen hat.
 
Meine Mitbewohnerin Sanna und ich waren an diesem Freitag früh auf den Beinen um Denis an unserem gewohnten Treffpunkt am New Taxi Park zu begrüßen. Das Ziel unseres Kurztrips: Kome Island. Grünes Eiland im Lake Victoria, lediglich 50 km SE von Kampala gelegen bist du doch so unendlich fern der Hauptstadt und so vollkommen anders. "Vollkommen anders" beschreibt unsere 3-tägige abenteuerliche Reise in die Abgeschiedenheit wohl am besten. Immer wenn ich denke durch meine mittlerweile diversen Nah- und Fernereisen durch dieses Land nun wohl einen guten Überblick über Land und Leute gewonnen zu haben wird eine neue exotische Landschaft aus dem Hut gezaubert, gehen Menschen einer vollkommen unbekannten Beschäftigung nach, die einen in Staunen versetzt oder einem ein Lachen abringen kann. Natürlich hatten wir einen Grund die nicht ganz unbeschwerliche Reise auf uns zu nehmen. Denis Vater wohnt seit mehr als vier Jahrzehnten auf der Insel und besitzt dort ein großes Stück Land auf dem er verschiedene Hölzer anbaut, mit denen er in der Hauptstadt handelt. Nicht nur sein Vater, wie sich später herausstellen sollte. Gefühlt jeder dritte und in Realität sicherlich jeder zehnte Inselbewohner stellte sich als ein zumindest ferner Verwandter von Denis heraus.

Zunächst wurde Denis Mutter auf ihrer kleinen Farm nahe der Katosi landing site besucht. Ziegen, Schweine, Hühner, Matoke, Kartoffeln, Papaya, Matooke alles scheinbar wild durcheinander gewürfelt. Auch Denis züchtet und mästet hier ca. 5 Schweine. Wie fast jeder Ugander hat er sich somit, neben seinem Job bei Fontes, ein zweites Standbein geschaffen.
Schnell stellte sich heraus, dass dies wohl einer jener Trips werden würde, auf denen man sich einfach treiben lässt, in sein Schicksal ergibt und von den Ereignissen überraschen lässt. Denis hatte sicherlich irgendwo einen grobe Reiseplan im Hinterkopf, aber in Uganda muss man sich daran gewöhnen, dass sein Gegenüber seine Entscheidungen für sich ausmacht und plötzlich seine Pläne ändert ohne irgendwen darüber in Kenntnis zu setzen. Also einfach dranhängen und laufen lassen, das hat sich bewährt. Nachdem wir also Denis Mutter (und diesesmal habe ich mir versichern lassen, dass es sich tatsächlich um die Frau handelte, die ihn zur Welt gebracht hat und nicht eine ihrer Schwestern) besucht und einen Anstandstee getrunken hatten machten wir uns, ausgestattet mit Bananen und Avocados für die Reise, auf den vermeintlichen Rückweg zur landing site, von der aus uns ein Boot zur Insel bringen sollte. Zunächst aber wurde eine weitere Frau besucht, die sich erneut als Denis Mutter herausstellte (diesmal jedoch wieder eine Tante seiner eigentlichen Mutter; die Tradition seine Tanten ebenfalls als Mutter anzusehen ist nicht ugandaweit verbreitet, sondern lediglich unter den Baganda, den Bewohnern des zentralen Buganda Königreich von dem hier schon öfters die Rede war).


Erste Überraschung: Die Boote können nicht direkt am Ufer landen, weshalb zunächst Sanna, dann ich durch das Wasser getragen wurden. Zweite und erleichternde Überraschung: Nicht nur die Muzungus sondern alle Passagiere werden getragen. Die Träger gehen diesem Beruf offensichtlich hauptberuflich nach. Dritte Überraschung, die eigentlich niemanden mehr so wirklich überraschen sollte: Wo Menschen transportiert werden, da können auch Tiere transportiert werden. Diesmal wurde ein nicht zu beneidendes Kalb in da Boot gehievt und auf die stundenlange Fahrt über den See geschickt.
Das wir nicht selbst durch das Wasser waten müssen hat einen entscheidenden Vorteil: Wir können und nicht mit Bilharziose infizieren. Wenn man weiß wie diese Krankheit übertragen wird tut man alles um eine Ansteckung zu verhindern. In der folgenden Stunde wird allerhand verladen. Matratzen, kleine Tonöfen zum Kochen, Bier, Matratzen, Fahrräder und so weiter. Endlich machen wir uns auf die dreistündige Fahrt. Die Sonne brennt erbarmungslos, da hilft auch die beste Sonnencreme nicht. Kein Wunder, kreuzen wir auf unserer Fahrt doch den Äquator. Es wird an mehreren Inseln Halt gemacht um Mensch und Material aus- und einzuladen. Die Inseln könnten verschiedener nicht sein. Manchmal nicht viel mehr als 1 km² schroffer steiler Fels, manchmal riesengroß, flach und dicht bewuchert. Alle Fischerdörfer haben jedoch eines gemeinsam: Die zusammengezimmerten Hütten in denen die Menschen hier Leben lassen große Armut vermuten. Diese Vermutung äußernd werde ich jedoch von Denis eines besseren belehrt. Hier scheint es egal zu sein ob jemand viel oder wenig Geld zur Verfügung hat, in diesen Dörfern wohnen alle in den selben Bretterbutzen. Dies sollte sich später bestätigen. Während des ganzen Aufenthaltes auf Kome Island haben wir nur wenig gesehen, was sich als Haus bezeichnen lassen könnte und wenn, dann handelte es sich um schlichte Lehmhäuser. Auch Denis Bruder, der einige Monate im Jahr auf der Insel verbringt um zu fischen und sich in Kampala immerhin ein Haus gebaut hat, wohnt hier auf ca. 12 m² geschützt von Holzplanken und etwas Stoh und Plastik über dem Kopf.

Obwohl nicht weit von Kampala entfernt dauert die Reise (inklusive Verwandtenbesuch) einen halben Tag.

Hier gab es Abendessen und Frühstück. Bohnen, Bohnen, Bohnen.
Nach langer Reise sind wird froh endlich in einem Dorf ohne Namen auf Kome Island angekommen zu sein. Das Abendessen fällt, wie von der lokalen Küche gewohnt, ausgiebig aus. Sogar Bier ist zu kaufen. Die Unterkunft ist mit 3.000 Shilling die Nacht unschlagbar günstig und entsprechend rustikal. In das Zimmer passt ein Bett, dieselben Holzbretter wie überall dienen als Wände, der Boden ist festgestampfte Erde, es gibt Mäuse, eine Plastikschüssel und einen Kanister voll Wasser zum "duschen". Der Sternenhimmel übertrifft erwartungsgemäß alles bisher dagewesene. Kein Wunder, gibt es hier doch keine Stromversorgung und damit auch kein störendes Licht. Ein einzelner Generator stört bis 0 Uhr die Stille, der Strom für eine Bar liefert, in der Filme gezeigt werden. Am nächsten morgen machen wir uns nach zu schwerem Frühstück (Chapati und Bohnen) auf den Weg zu Denis Vater. Es geht durch dichten Wald, entlang der Küste, über kleine Flüsse, Stock und Stein. Denis Vater hat mittlerweile das stolze Alter von 75 Jahren erreicht. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von etwas über 50 Jahren also eine echte Ausnahme. Und definitiv ein Zeitzeuge Ugandas bewegter Geschichte. Es gibt sicherlich nicht viele Leute, die hier noch heute aus der Zeit Ugandas als britische Kolonie berichten können. Nach kurzem Aufenthalt machen wir uns auch gleich wieder auf den Weg. Die Spitze der Insel bildet ein Plateau, das erkundet werden möchte.
In Vordergrund trocknet silverfish in der Sonne, der schon vorher vorgestellt wurde. Bei Mondschein schwimmen die kleinen Fische nahe der Oberfläche und können mit Netzen einfach gefangen werden. Heute verwenden die Fischer Strahler um sie an die Oberfläche zu locken.



Hier wurden zuerst die Netze ausgebracht. Der Fischer schlägt die Vorrichtung auf das Wasser. Durch die Druckwelle werden die Fische aufgeschreckt und gehen ins Netz.
Es geht durch dichtesten Wald. Wenn man nicht aufpasst tritt man in eine Ameisenstraße und die Insekten reagieren entsprechend gereizt. Auf besagtem Plateau wächst langes Gras und gibt eine schöne Kulisse ab. Wir beschließen auf der anderen Seite der Insel ein weiteres Fischerdorf zu besuchen. Wie sich später herausstellt wohnt hier derzeit Denis Bruder, der sein Geld als Fischer verdient. Gefangen wird vor allem Nile Perch (also Nil-Barsch) und Tilapia. Erstgenannter ist deutlich größer und erzielt einen höheren Preis. Der Nile Perch kann gewaltige Proportionen annehmen, wie wir auf der Rückfahrt feststellen, als uns im Boot ca. 1,5 m lange Exemplare vor die Füße geworfen werden. Plötzlich finden wir uns in einem kleinen Kanu wieder mit dem wir zum nächsten Fischerdorf aufbrechen. Denis berichtet, dass hier sein Vater geboren wurde. Doch die Reise ist wider Erwarten noch nicht zu Ende. Von diesem Dorf geht es noch einmal zu Fuß in das nächste, wo wir unsere Wasservorräte auffrischen können.
Da Denis letzter Besuch auf Kome über 3 Jahre her ist wurden wir auf unserer Wanderung von zwei seiner Verwandten geführt.

Busch Busch!

Drei Leute rudern, einer muss mit einem Kanister das eindringende Wasser schöpfen, da das Boot leckt.
Es ist bereits 15 Uhr und Sanna und ich fangen an uns zu fragen ob wir es noch vor Einbruch der Dunkelheit zurück zu unserer Unterkunft schaffen werden. Immerhin müssen wir zurückmarschieren, -paddeln und wieder marschieren. Auch Denis Vater wird uns nicht gehen lassen ohne uns Abendessen aufzutischen. Doch zunächst einmal wird an der Hütte von Denis Bruder eine Zwangs- und Essenspause eingelegt, denn seine Frau hat getrockneten Tilapia mit süßen Kartoffeln für uns gekocht. Als wir endlich zu Denis Vater aufbrechen haben sich uns noch weitere Personen angeschlossen, die uns begleiten. Wie befürchtet wartet hier auch Denis Schwester schon mit dem Essen auf uns. Es gibt Posho mit Bohnen und wir haben nicht mehr die Kapazität unsere Teller zu leeren. Es wird uns zum Glück amüsiert nachgesehen. Noch schnell ein paar Fotos geschossen und dann zügig zurück zum Ausgangspunkt unserer Wanderung. Die letzten Kilometer werden tatsächlich mehr oder weniger im Dunkeln zurückgelegt.
Familie Ssebugwawo: Denis mit Schwester und Vater. Sein Vater ist, im wahrsten Sinne des Wortes, vom alten Schlag und hat sich für das Foto extra in Schale geworfen.
Am nächsten Morgen machen wir uns früh auf den Rückweg. Die Bootsfahrt verläuft problemlos, ist mit 4 Stunden in praller Sonne jedoch eher unentspannt. Viele Passagiere schützen sich mit Regenschirmen vor der Sonne und natürlich wird auch ein Schirm für die Muzungus bereitgestellt, die die Sonne ja nicht besonders gut vertragen (wovon es zum Glück keine Fotos gibt).


So trostlos sah es dann zum Glück nicht auf jeder Insel aus...
In der Rückschau lässt sich sagen, dass ich auf diesem Ausflug einen weiteren und weitreichenden Einblick in die Ugandische Lebensweise bekommen habe. Wie immer ist es Denis zu verdanken, dass ich an diesen Ort reisen konnte, den man als Tourist sicherlich niemals zu Gesicht bekommen hätte.

3 Kommentare:

  1. Nice pictures! Probably nice written too but in a language I don't speak… :P

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  2. Haha, I agree with Matilda. The carrying picture is my absolute favorite!

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  3. You could try an online translator. Should be fun...

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